Die Aufnahme des Ziels „Klimaneutralität bis 2045“ ins Grundgesetz sorgte für Aufregung. Doch Experten und Kritiker stellen infrage, ob dieser Schritt wirklich ein Fortschritt für den Klimaschutz ist. Robert Habeck und die Grünen feiern die Entscheidung als Erfolg, doch die neue Regelung könnte weit weniger bedeutend sein, als behauptet wird. Der neue Passus könnte nicht nur die Klimabilanz belasten, sondern auch zu einer Zunahme der Emissionen durch Rüstungsausgaben führen.
Klimaneutralität im Grundgesetz – Eine Illusion?
Am 13. März 2025 wurde im Bundestag ein neues Gesetz verabschiedet, das die Klimaneutralität bis 2045 in das Grundgesetz aufnehmen soll. Die Grünen und ihre Anhänger sahen dies als einen großen Erfolg – ein Meilenstein in der Klimapolitik. Doch die genaue Bedeutung dieses Gesetzes bleibt fraglich. Der Passus im Grundgesetz besagt lediglich, dass für das „Sondervermögen“ Kredite in Höhe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen und Infrastruktur aufgenommen werden können.
Christian Calliess, Professor für Verfassungs- und Umweltrecht an der Freien Universität Berlin, erklärt gegenüber dem Handelsblatt, dass es sich lediglich um eine finanzverfassungsrechtliche Vorschrift handle. Das Gesetz gebe lediglich vor, dass ein Teil der Mittel für Klimaschutz verwendet werden müsse – doch der genaue Umfang und die genaue Nutzung bleiben vage. Der Münchener Staatsrechtler Martin Burgi weist darauf hin, dass keine Institution oder Behörde diese Regelung nutzen kann, um klimaschädliche Aktivitäten in Frage zu stellen. Zudem sei das Sondervermögen auf nur zwölf Jahre begrenzt, was die langfristige Wirkung stark einschränke.
Die Militärs und ihre Auswirkungen auf das Klima
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist der geplante Einsatz des Sondervermögens für Rüstungsausgaben. Der Großteil der Gelder soll für den Ankauf von Kriegsgerät verwendet werden. Experten warnen, dass dieser Schritt die Klimabilanz weiter verschlechtern könnte. Ein Leopard-2-Panzer stößt pro Kilometer rund 1,5 Kilogramm CO₂ aus, während ein F-35-Kampfjet bei einem einzigen Einsatz fast 28 Tonnen Treibhausgas emittiert. Die Auswirkungen dieser militärischen Aktivitäten auf das Klima sind enorm und könnten die Bemühungen um Klimaneutralität erheblich untergraben.
Die britische Wissenschaftsorganisation „Scientists for Global Responsibility“ schätzt, dass Armeen weltweit für etwa fünf Prozent der schädlichen Emissionen verantwortlich sind. Kriegsfolgen wie Brände und Abholzung sind dabei noch nicht berücksichtigt. Obwohl das Pariser Abkommen zur Klimaregulierung fordert, dass Staaten ihre Emissionen reduzieren, bleibt der Militärsektor von diesen Bestimmungen weitgehend unberührt.
Die Täuschung der Wählerschaft
Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 wird von vielen als eine symbolische Geste wahrgenommen, die wenig greifbare Auswirkungen hat. Kritiker werfen der Regierung und den Grünen vor, die Bevölkerung mit diesem Gesetz in die Irre zu führen. Aufgrund der Unklarheit der Formulierung und der Tatsache, dass militärische Emissionen nicht berücksichtigt werden, könne der Deal als Täuschung angesehen werden. Der Plan könnte sogar dazu führen, dass Klimaschutzmaßnahmen zugunsten von militärischen Ausgaben zurückgestellt werden.
Der politische Hintergrund: Habeck und die Grünen in der Klemme
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und die Grünen hatten sich für die Aufnahme des Ziels „Klimaneutralität bis 2045“ im Grundgesetz eingesetzt, um ihre Klimapolitik zu legitimieren. Doch die Zustimmung zu einer stärkeren Militarisierung und die Verwendung von Mitteln für Rüstungszwecke stellen diese Klimapolitik infrage. Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, hat bereits deutlich gemacht, dass er nichts von grüner Politik hält und sich weiterhin gegen eine „rot-grüne Politik“ stellt. Dies zeigt sich auch in seinen Äußerungen, dass die Union weiterhin nicht für eine Fortsetzung grüner Politik zur Verfügung stehe.
Die grüne Agenda in Gefahr
In der öffentlichen Diskussion geht es nicht nur um das Grundgesetz, sondern auch um die langfristigen Auswirkungen der Klima- und Außenpolitik. Wenn die Gelder des Sondervermögens hauptsächlich in Rüstungsprojekte fließen, könnte dies die Klimaziele verwässern und das Vertrauen in die Grünen und ihre Klimapolitik weiter beschädigen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Debatte weiterentwickeln wird, und ob es den Grünen gelingt, ihre ursprünglichen Ziele durchzusetzen.
Ein gefährlicher Kompromiss
Die Einfügung des Ziels „Klimaneutralität bis 2045“ ins Grundgesetz könnte sich als eine leere Geste herausstellen. Die Verknüpfung mit Rüstungsprojekten und die unklare Zielsetzung werfen ernsthafte Fragen auf. Experten warnen davor, dass dieser Schritt die Glaubwürdigkeit der Grünen und ihrer Klimapolitik gefährden könnte. Der wahre Erfolg wird davon abhängen, wie konsequent die Regierung in den kommenden Jahren Klimaschutzmaßnahmen umsetzt und ob sie bereit ist, die Militärs und ihre Emissionen in den Klimarechnungen zu berücksichtigen.
Bildquelle: bloomberg.com